Das Publikum applaudiert frenetisch. Die Show kommt super an. Wie schafft man so etwas? Was ist zu beachten, damit die Zuschauer von einer künstlerischen Darbietung begeistert sind? Einer gelungenen Aufführung liegt meist gute Vorarbeit zugrunde. Bevor es an die kreative Ausgestaltung geht, ist Grundlegendes zu klären. Soll die Show einfach unterhalten oder Spezifisches kommunizieren? Was soll mit der Show bewirkt werden? Gibt es eine Geschichte zu erzählen oder möchte man reinweg visuell-ästhetisch gestalten?
In Kunst und Kultur verwirklicht sich der Künstler in erster Linie selbst, drückt sich mit seiner Persönlichkeit aus. Dauer und Art der Performance sind keine Grenzen gesetzt.
Bei Firmenevents sind darüber hinaus oft noch andere Zielstellungen zu beachten.
Die Aufmerksamkeitsspanne des Publikums ist hier geringer, als zum Beispiel im Theater. Neben künstlerischen Einlagen werden die Gäste bewirtet, es gibt Reden und eventuell auch Präsentationen des Unternehmens. Im Vergleich zu abendfüllenden Programmen werden daher gern kurze Acts gesetzt. Die Show soll möglichst effektvoll und komprimiert gestaltet sein, um die Zuschauer schnell in den Bann zu ziehen. Hier ist es deshalb entscheidend, Zutaten und Aufbau effektiv auszuwählen und geschickt zusammenzusetzen. Gegebenenfalls möchte der Kunde über die künstlerische Darbietung zudem kommunizieren, konkrete Emotionen wecken und Produktattribute visualisiert wissen.
Ein wichtiger Bestandteil der Gestaltung ist die musikalische Untermalung. Die richtige Musikauswahl ist abhängig von der Art der Performance sowie Stimmung, die präsentiert werden soll. Viele Musikverlage bieten mittlerweile die Möglichkeit, die Recherche nach Kriterien wie Tempo, Rhythmus und Emotion einzugrenzen. Dies ist oft sehr hilfreich und zielführend.
Wenn Musik nicht Hauptinhalt der Show ist, tritt sie in Wechselwirkung mit dem Bühnengeschehen und wird zum unterstützenden Element. In diesem Sinne muss sie passend zur Ausdrucksform, der Bewegungsart, dem Inhalt und dem Spannungsbogen gewählt werden. Aufbau und Struktur der Darbietung können der Musik folgen, wenn diese entsprechend passt. Ansonsten gilt es einen Musikschnitt oder eine Kompilation von unterschiedlichen Tracks anzufertigen.
Die Gliederung der Show kann grob in Einleitung, Hauptteil und Schlussteil erfolgen. Der Anfang ist dabei ein wegweisender Bestandteil. Durch ein spannungsvolles Intro gewinnt man Aufmerksamkeit. Ziel sollte es sein, Neugierde des Zuschauers zu wecken. Dies kann beispielsweise durch Verhüllung mit Stoffen, Gazeeffekten, aber auch mit Gegenlicht, Verdunklung oder Spots inszeniert werden. Es darf und soll entdeckt, aber noch nicht alles gezeigt werden. Der Zuschauer wird bei dieser Variante langsam abgeholt und in eine neue Welt hineingeführt. Alternativ dazu besteht auch die Möglichkeit mit Unerwartetem zu starten und zu überraschen. Künstler kommen mitten aus dem Publikum oder von hoch oben aus der Luft auf die Bühne. In Folge dieser räumlichen Variation erreicht man, dass der Betrachter den Kopf bewegen muss, also ein Stück selbst aktiv und wachsam wird.
Die Wahl des richtigen Einstiegs ist auch vom Gesamtrahmen abhängig. Warten die Zuschauer schon auf die Show, wird sie anmoderiert oder muss das Publikum erst anlockt werden? Je nach dem, muss die Einleitung länger oder kürzer gestaltet werden.
Im Falle von Laufpublikum, wie bei einer Messe-Show, ist z.B. ein längerer Auftakt ratsam, um die Besucher zum Ort des Geschehens zu ziehen. Dies kann durch Soundeffekte wie einem Herzschlag oder dem Ticken einer Uhr spannungsvoll angebahnt werden.
Ist der Einstieg erst einmal gelungen, gilt es den Zuschauer im Hauptteil weiter gebannt zu halten. Wie erreicht man das? In dem möglichst abwechslungsreich gestaltet wird. Vom einfachen zum Komplexen. Mit Steigerung und dem richtigen Timing. Nach einem Spannungsaufbau muss es nach Höhepunkten durch „Breakparts“ Zeit zum Luft holen und Klatschen geben. Der Zuschauer wird so mit auf eine Reise und in Dialog genommen. Im besten Fall entsteht eine Interaktion zwischen Performance und Publikum.
In diesem Zusammenhang sind struktureller Aufbau und Motivwiederholungen zu beachten. Der Wiedererkennungswert ist dabei ein wichtiges Stilmittel.
In der darstellenden Kunst ist Motivwiederholung ein entscheidendes Gestaltungskriterium. Nach dem das Thema und der rote Faden festgelegt sind, gilt es die ausgewählten Gestaltungsmittel und Objekte mit Stringenz räumlich, zeitlich, formal und dynamisch zu variieren und zu deklinieren. Je besser das gelingt, desto erfolgsversprechender ist die Darbietung.
Vor dem Finale ist ein retardierendes Element zu setzen, damit sich das Ende aufbauen kann. Um den Höhepunkt der Darbietung einzuleiten, ist eine treppenhafte Mehrfachsteigerung in Wechselwirkung von Musik und Aktion sehr effektvoll. Zum Abschluss muss ein klares Ende mit eindeutiger Handlung und klarem musikalischen Schlussakzent gesetzt werden, welches den Endapplaus zwingend fordert. Wenn dieser entsprechend gut ausfällt, kann natürlich gern noch eine Reprise zur Zugabe eingespielt werden.
Zusammengefasst ist Dramaturgie eine Mischung aus Handwerk und Emotion.
Eine perfekte Show gibt es sicher nicht auf Knopfdruck. Kreation ist ein dynamischer Prozess, dazu gehört es stets kritisch zu hinterfragen und weiter zu entwickeln. Wie beim Kochen helfen Rezepte – letztendlich kommt es aber auch auf Erfahrung, Geschmack und Fingerspitzengefühl an.
Björn Hanefeld und Annegret Köhler sind Gründer und Geschäftsführer der Sanostra GmbH für Showinszenierungen. Seit über 15 Jahren konzipieren und inszenieren sie Premium Entertainment für Kultur und Event. Nach aktiver Karriere als Akrobat und Tänzerin, haben sie sich auf Dramaturgie, Choreographie und Ablaufregie spezialisiert. Mit ihren Showproduktionen sind die kreativen Köpfe weltweit unterwegs.
Anmerkung des Verfassers: Diesen Artikel haben wir auf Initiative des Eventbranchen-Verlages memo-media geschrieben. Ursprüngliche Veröffentlichung fand in der Fachzeitschrift Eventmoods – Ausgabe 02_2017 statt.